„Im Prinzip Familie“ – Ein Filmabend und eine Debatte über die Zukunft der Jugendhilfe in Berlin

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Am 23. September 2025 zeigte tandem BTL im City Kino Wedding den preisgekrönten Dokumentarfilm „Im Prinzip Familie“ von Regisseur Daniel Abma. Der Film gibt einen intimen Einblick in den Alltag einer Wohngruppe: Kochen, Zuhören, Trösten, Gespräche mit Jugendamt und Eltern – und die Sehnsucht der Kinder nach einem Zuhause. 

Der Filmabend brachte viele Menschen zusammen: Fachkräfte, Vertreter*innen von Trägern, Verbänden, Verwaltung und interessierte Berliner*innen. Im Anschluss diskutierten auf dem Podium Daniel Abma, Martin Hoyer (Geschäftsführer Paritätischer Wohlfahrtsverband e.V. Berlin), Elvira Berndt (Vorsitzende Landesjugendhilfeausschuss, Gangway e.V.), Lena Rotter (Sozialarbeiterin, tandem BTL) und Ria Schneider (Geschäftsführerin tandem BTL). 

Kontinuität für Kinder, gute Rahmenbedingungen für Teams

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Eine zentrale Frage war: Wie können pädagogische Teams unterstützt werden, um Kindern stabile Beziehungen zu bieten? „Ein Team ist nicht einfach da – es muss begleitet, stabilisiert und gefeiert werden für die Arbeit, die es in Krisen leistet“, betonte Lena Rotter.

Auch die Ausbildung von Erzieher*innen war Thema. Viele Fachkräfte beginnen mit dem Ziel, in Kita oder Schule zu arbeiten. Wohngruppen und stationäre Hilfen sind in der Ausbildung kaum präsent – obwohl gerade dort der Bedarf hoch ist.

Der Film warf auch einen eindringlichen Blick auf die Rassismuserfahrungen von Kindern. Elvira Berndt stellte in diesem Zusammenhang die wichtige Frage, wie Jugendhilfe auf fehlende Diversität in den Teams reagiert und welche Veränderungen nötig sind, um Kinder und Jugendliche in ihrer Vielfalt besser zu begleiten.  

Politische Dimension: Jugendhilfe ist keine Kür

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Die Podiumsdiskussion zeigte deutlich, dass es nicht nur um pädagogische Fragen geht, sondern auch um politische Rahmenbedingungen. Ria Schneider machte klar: „Es ist fatal, dass sozialstaatliche Selbstverständlichkeiten in Frage gestellt werden. Wir müssen die Vision wachhalten, in welchem Land wir leben wollen – und wie Kinder und Jugendliche hier aufwachsen sollen.“ 

Martin Hoyer ergänzte: „Jugendhilfe ist keine freiwillige Leistung. Es ist eine Verpflichtung des Staates, ein gutes System für Kinder und Familien vorzuhalten. Präventive Maßnahmen sind notwendig – nicht weil wir Geld sparen müssen, sondern weil wir es den Kindern und Familien schuldig sind.“

Auch Elvira Berndt erinnerte daran, wie sehr Armut und soziale Not in Berlin sichtbar wachsen: „Wir haben ein Kaleidoskop von Hilfen – doch die Situation verschärft sich. Ohne Bündnisse wird es nicht gehen.“ 

Ein Film, der nicht anklagt, sondern Verständnis schafft

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Das Publikum würdigte den Film für seine besondere Perspektive: Er zeigt Probleme und Belastungen, ohne zu denunzieren. Der Film macht deutlich, wie viel pädagogische Fachkräfte leisten – und dass ihre Arbeit nur dann gelingen kann, wenn die Politik stabile Rahmenbedingungen sichert. 

Der Abend im City Kino Wedding war intensiv, bewegend und klar in seiner Botschaft: Kinder und Jugendliche brauchen Verlässlichkeit, Fachkräfte brauchen Unterstützung – und die Jugendhilfe darf nicht weiter gekürzt werden. Gleichzeitig gehört es zu unserem pädagogischen Auftrag, trotz aller Herausforderungen Zuversicht zu bewahren – für die Kinder, die wir begleiten, und für unseren Beruf. 


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